Warum bist du bloß so schüchtern? 10 Strategien für mehr Selbstbewusstsein – Teil 1

Peinlich.

Mulmig.

Ich mag nicht.

Viele schüchterne Jungs und Mädchen leiden unter dem Gefühl “nicht richtig” zu sein.

Sie fühlen sich nicht wohl in ihrer Haut – mit ihrer zurückhaltenden Art.

Dabei ist Schüchternheit weder eine Krankheit und noch ein charakterlicher Makel.

Doch irgendwie scheint dieser Wesenszug nicht in unsere leistungsorientierte Zeit zu passen.

Die lauten, redseligen und auffälligen Menschen bekommen hauptsächlich Aufmerksamkeit.

Es sind Menschen gefragt, die sich behaupten können, die extrovertiert und selbstbewusst sind.

 

Schüchternen hingegen werden oft Kompetenzen abgesprochen.

Man unterstellt ihnen, sie hätten ein schlechtes Selbstwertgefühl oder keine eigene Meinung.

 

Dabei haben schüchterne Menschen oft sogar besondere Fähigkeiten und viele liebenswerte Eigenschaften.

Matthias Kirchner zeigt dir, wie es sich anfühlte, ein schüchternes Kind zu sein, und wie du deinen Sprössling optimal auf seinem Weg begleiten kannst.

 

Mit diesen Strategien hilfst du deinem Kind und Teenager, seine Schüchternheit zu überwinden:

 

Hier die 10 wichtigsten Tipps für mehr Selbstvertrauen in der Zusammenfassung:

1. Denke positiv

Schüchternheit ist kein Makel.

Nimm die Wesensart deines Kindes positiv wahr und akzeptiere sie.

Denn scheue Zurückhaltung hat auch Vorteile: Dein Kind

  • agiert vorsichtiger,
  • handelt mit Bedacht,
  • gerät nicht so schnell in Gefahr,
  • schaut und denkt zuerst, bevor es handelt.

Akzeptiere dein Kind so wie es ist, schenke ihm viel Zuneigung und Aufmerksamkeit und schaffe damit ein stabiles seelisches Fundament.

 

2. Entkräfte negative Selbsteinschätzung

Schüchterne Kinder nehmen Erfolgserlebnisse oft weniger stark wahr als Misserfolge und sind ungeduldig mit sich selbst.

“Das kann ich sowieso nicht”, “Die anderen können das viel besser” oder “Bei mir geht immer alles schief”, sind typische Aussagen.

Halte dagegen und widerlege die negativen Statements mit konkreten Beispielen bzw. Situationen, die dein Kind gut gemeistert hat.

Sätze wie “Schau mal, du hast schon ….  geschafft. Neulich hast du doch gerade…” geben ein positives Feed-Back und stärken das Selbstbewusstsein.

 

3. Unterstütze bei sozialen Kontakten

Scheue Kinder schaffen es vor allem während der Kindergarten – und Grundschulzeit oft nicht, auf Gleichaltrige, die sie nett finden, zuzugehen.

Hier bist du gefragt.

Du kannst beispielsweise mit deinem Kind gemeinsam die Mutter eines anderen Kindes ansprechen und sagen. “Lena erzählte mir, dass sie gerne mal mit Sophie zusammen spielen würde.

Vielleicht hat sie ja mal Lust, uns zu Hause zu besuchen?”

Damit ist meist für dein Kind die schwierigste Hürde genommen und das Eis gebrochen.

Allerdings: achte gut auf die Bedürfnisse deines Kindes und forciere keine Verabredungen, nur weil du sie dir wünschst. Viele Kinder sind sich selbst genug und wollen in diesem Alter keine Treffen mit Gleichaltrigen.

 

4. Hab’ Geduld und Zutrauen

Um schüchterne Kinder zu unterstützen, ist vor allem Geduld nötig.

In neuen, unbekannten Situationen benötigen sie mehr Zeit als andere. Sie müssen alles intensiver wahrnehmen, um mögliche “Gefahren” auszuschließen.

Drängeln und Ungeduld von außen verlängert diese Begutachtungsphase eher.

Unter diesem Aspekt solltest du deinem schüchternen Kind auch nicht zu viel abnehmen und ihm alle Schwierigkeiten vom Hals halten:

Zurückhaltende Kinder werden nämlich gerne unterschätzt, obwohl sie – allerdings in ihrem eigenen Tempo – viele Situationen allein bewältigen können.

Die kleinen Skeptiker brauchen eben nur mehr Zeit.

 

5. Erprobe Situationen in Rollenspielen

Viele Ängste spielen sich im Kopf ab.

Jüngeren Kindern kann es helfen, schwierige Situationen vorab in einem Rollenspiel zu erproben.

Beim Kaufladen spielen eine Bestellung aufgeben oder beim Arzt spielen, dem Doktor erzählen, wo es am meisten schmerzt.

Dein Kind kann hier in unterschiedliche Rollen schlüpfen, und du hast die Möglichkeit, ihm Tipps zu geben – es zu fragen: was könntest du tun, um…..?

Gib selbst so wenig Ratschläge wie möglich. Respektiere seine eigenen Ideen und baue sie gemeinsam mit deinem Kind aus.

Nur wenn ihm gar nichts einfällt, frag’ es: “Könntest du vielleicht …. machen?” so zeigst du ihm, wie es sich bspw. in Konfliktsituationen verhalten könnte, wenn es geschubst wird ö.ä.

 

6. Erzähle Phantasiereisen und Märchen

Vor allem kleinere Kinder können durch Phantasiereisen Selbstvertrauen gewinnen.

Du erzählst z.B. eine Begebenheit, in der dein Kind besonders erfolgreich und mutig war.

So erlebt es die Situation noch einmal und das stärkende Gefühl von Erfolg und Tatkraft wird wieder wach.

Einen ähnlichen Zweck erfüllen auch Märchen. Denn hier sind die Hauptdarsteller nicht selten zaghafte “Angsthasen”, die am Schluss zum gefeierten Helden werden.

 

7. Tobt euch lautstark aus

Wildes Herumtoben ist eine optimale Art und Weise, um Stress und Angst abzubauen. Eine deftige Kissenschlacht fordert dein Kind und powert es aus.

Außerdem trainierst du spielerisch das Selbstbewusstsein deines Kindes, indem du Übungen machst, die kraftvolles Auftreten und Durchsetzungsvermögen verlangen.

Ein guter Einstieg ist etwa ein Schrei- und Grimassen-Duell:

Hier gewinnt der, der am lautesten brüllen und die verrücktesten Grimassen ziehen kann.

Sehr wirkungsvoll ist auch ein Rechthaberwettstreit, bei dem abwechselnd in immer stärkerer Laustärke gerufen wird “Ja das stimmt” beziehungsweise “Nein, das stimmt nicht.”

 

8. Seid aktiv bei Sport und Spiel

Nicht nur wildes Herumtoben sondern auch Sport ist sehr hilfreich, um körperliche Anspannungen und Ängste abzubauen.

Für schüchterne Kinder eignen sich entweder Kampfsportarten wie etwa Judo oder Mannschaftssportarten, bei denen nicht nur Bewegung, sondern auch das Team im Mittelpunkt steht und es dadurch einfacher wird, Kontakte zu knüpfen.

Wer mit Sport weniger am Hut hat, kann etwa bei den Pfadfindern, in einem Chor oder in einer Band neue Freundschaften schließen.

Gemeinsame Erlebnisse verbinden und integrieren.

 

9. Arbeite an der Körpersprache

Ihr Auftreten verrät die meisten unsicheren und schüchternen Kinder: Sie bewegen sich zaghaft, machen sich klein und lassen Kopf und Schultern hängen.

Mit Übungen vor dem Spiegel kann diese negative Körpersprache schon durch “kleine Korrekturen” entscheidend verändert werden:

Lächeln ist elementar

Wer lächelt oder lacht hilft dem Selbstbewusstsein fast von ganz alleine auf die Sprünge, bekommt automatisch gute Laune und signalisiert damit gleichzeitig seinem Umfeld, dass man sich sicher und souverän fühlt.

Standfestigkeit trainieren

Wer mit beiden Beinen auf der Erde steht und nicht unsicher von einem Bein aufs andere tritt, schöpft Kraft aus der Bodenhaftung- ist im wahrsten Sinne des Wortes stabil.

Und wer sich dabei im Spiegel kontrolliert und sich seiner Körperhaltung bewusst ist, spannt automatisch die Schultern, hebt den Brustkorb und wirkt sofort selbstbewusster.

Begrüßung üben

Ein schlaffer Händedruck symbolisiert Ängstlichkeit.

Wer jedoch etwas fester zupackt und seinem Gegenüber dabei in die Augen schaut, beweist allein durch diese kleine Geste Selbstvertrauen und Stärke.

Mit Blicken umgehen

Schüchterne können Blicken anderer nur schwer standhalten.

Doch das Unwohlsein, das sich häufig einstellt, wenn man jemandem in die Augen schaut, lässt sich mit kleinen Tricks vermeiden:

Schüchterne Kinder können einfach statt der Augen die Nasenwurzel der anderen Person fixieren, und wer bei einem Referat Angst hat, die Klassenkameraden anzuschauen, fixiert einfach einen Punkt an der Wand und hält gleichzeitig das Blatt so hoch, dass die Köpfe der Mitschüler verdeckt werden :-).

 

10. Absolute No Go’s für Eltern:

  • Rüge oder bestrafe dein Kind niemals wegen seiner Schüchternheit!
  • Thematisiere seine spezielle Wesensart nie vor anderen, denn dein Kind empfindet dies als Demütigung und Kränkung und kann sich nur schlecht dagegen wehren.
  • Verzichte auf penetrante Hinweise auf das scheue Verhalten wie etwa Ermahnungen und Zurechtweisungen – diese verstärken zusätzlich die Unsicherheit deines Kindes.
  • Aufforderungen wie “Nun lass dir doch nicht alles gefallen” oder “Jetzt trau dich doch endlich” bewirken das Gegenteil. Dein Kind fühlt sich unter Druck gesetzt und bedrängt, seine Angst wird größer.
  • Völlig unangebracht und kontraproduktiv ist es auch, das Kind durch Belohnungen zu überreden, sich “mehr zu trauen”.

 

Welche Tipps helfen dir am besten, um dein schüchternes Kind auf seinem Weg zu begleiten?

Nächste Woche geht es um das Thema Mobbing.

Falls du noch Fragen, Anregungen und Wünsche zum Thema Schüchternheit und Mobbing hast – schreib sie gleich unten in den Kommentar. Danke dir  :-)

Herzlichen Dank an Matthias Kirchner von www.lebenistleidenschaft.de für das informative Gespräch!

 

 

Quellenhinweis:

Nicola Wilbrand-Donzelli, Warum so schüchtern, t-online.de